Im Jahr 2019 fand, anlässlich des 64. Gründungstages der Bundeswehr, vor dem Bundestag ein feierliches Gelöbnis statt. Als Mitarbeiterin des BMVg durfte ich dabei sein, und es war eine für mich folgenreiche Erfahrung. Auch wenn ich damals bereits 10 Jahre als zivile Mitarbeiterin für die Bundeswehr gearbeitet hatte; einem so wichtigen Zeremoniell hatte ich bisher nicht beigewohnt.
Letztlich ohne große Vorstellung darüber, was da so passieren würde, setzte ich mich ins Publikum, zwischen Vertreter des Bundestages und anderer geladener Gäste. Tatsächlich war der Ablauf für mich zunächst befremdlich: Dieses Marschieren und laute Rufen – und mit einem Mal brüllen mir auch noch 400 Stimmen entgegen:
„Ich gelobe!“
Für mich schon ein komisches Gefühl. Eine uniformierte Gruppe, die mich anbrüllte. Bei genauerem Hinsehen aber erkannte ich, trotz der Uniformen doch 400 verschiedene, individuelle Persönlichkeiten. Die Uniform brachte sie schon zusammen, aber der einzelne Mensch war doch auch in dieser Einheitlichkeit noch gut sichtbar. Außerdem hörte ich ja den Text, den sie riefen:
„Der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen!“
Und darauf kommt es doch vor allem an: nicht auf das Marschieren, die Uniformen und die zackigen Bewegungen. Sondern auf den Text, auf die Werte, die diese Menschen mit ihrem Leben verteidigen wollen. Und die gibt ihnen das Grundgesetz vor. Werte, die wir als Gesellschaft als verteidigungswürdig definiert haben. Und dann änderte sich mein Empfinden. Das Unwohlsein war weg. Ich empfand es als bewundernswert, sich für diese Aufgabe zu entscheiden.
Aber als dann das Abtreten anfing, und die Veranstaltung zu Ende ging, da fragte ich mich: Wie setzen die das denn um, „die Freiheit verteidigen“? Natürlich durch kollektive Verteidigung im Bündnis, ok, aber was bedeutet das nun für den Alltag? Als wehrhafte Demokratie gibt es ja auch in Friedenszeiten Anlass, unsere Werte zu verteidigen, dafür einzustehen im Alltag. Nur fragte ich mich: besprechen die so etwas?
Meine Schlussfolgerung war, dass man Soldat*innen nicht alleine lassen sollte mit der Frage, was das für sie und ein gesamtes Berufsleben bedeutet, den Frieden und die Freiheit zu verteidigen. Sondern dass wir als Gesellschaft auch diese Frage stellen und weiterentwickeln sollten. Vor allem war mir klar, dass wir dazu auch aus Sicht der Grünen mehr und gründlicher formulieren sollten, wie wir uns unsere Bundeswehr idealerweise vorstellen.
Ich verließ die Veranstaltung also fest entschlossen, etwas zu unternehmen.
Ich fing an, mich in der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Frieden & Internationales von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN aktiv zum Thema Bundeswehr und Streitkräfte allgemein zu engagieren. Und nicht viel später, war ich eines der Gründungsmitglieder dieses Vereins: BundeswehrGrün e.V.
Hier diskutieren wir genau die Fragen, die ich mir 2019 gestellt habe und unser Ziel ist es, einen Regen Austausch zwischen Bundeswehr, Politik und Gesellschaft zu fördern.
von Imke Kügele